Mutterschutz für Selbständige – unsere Kampagne geht weiter

Selbständige sind in den Regelungen für Mutterschutz und Elterngeld noch nicht wirksam inbegriffen. So ist es für zum Beispiel für Tischlermeisterinnen im Falle einer Schwangerschaft nahezu unmöglich, den Betrieb zu halten, ohne Betriebsvermögen abzubauen.

Astrid Hilt, Steinmetzmeisterin und Vorstandssprecherin des Vereins HandwerksGrün hat gemeinsam mit den beiden Tischlermeisterinnen Johanna Röh (Niedersachsen) und Maxime Krämer (Baden Württemberg) eine Kampagne los getreten, um auf die Problematik aufmerksam zu machen, und Lösungsansätze in die Politik einzubringen. „Die Regelungen für Mutterschutz und Elternzeit sind bisher an der Realität Selbständiger vorbei gestrickt.“, beschreibt Astrid Hilt die aktuelle Situation, und betont, dass Meisterinnenausbildung und Existenzgründung Zeit und Geld kostet – Investitionen, die bei der Unterstützung junger Mütter bisher nicht mit berücksichtigt werden. In vielen Fällen wird eine Schwangerschaft für Betriebsinhaberinnen zur Existenzbedrohung. „Das muss sich ändern, damit Handwerksbetriebe, die wir für unsere Infrastruktur brauchen, nicht an unzureichender Unterstützung während einer Schwangerschaft der Inhaberin scheitern.“  


Im Rahmen des Weltfrauentages haben sie Anfang März die online-Petition change.org/meineWerkstattbleibt gestartet, mit der in nur einem Monat 50.000 Unterschriften gesammelt werden konnten. Am 3.5. konnten sie sich zur Übergabe der Petition im Bundes-Wirtschaftsministerium mit Michael Kellner, parlamentarischer Staatssekretär und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung treffen. Es gab einen tiefgreifenden Austausch über die Erfahrungen, die die drei Meisterinnen mit den bestehenden Regelungen machen mussten, und was es braucht, um diese Lücke im Mutterschutz wirksam zu schließen.

In den Gesprächen ging es ins Detail. Johanna Röh, die bei dem Besuch im Wirtschaftsministerium selbst zwei Wochen vor ihrem Geburtstermin stand, spricht aus jüngster Erfahrung. Sie hat in den vergangen Jahren eine Werkstatt eingerichtet, nach eigenen Angaben in die nötigsten Maschinen investiert, die sie für die Tischlerei brauche. Wie üblich bei Betriebsgründungen war durch die Finanzierung ihr Einkommen im vergangenen Jahr gering. Genau danach rechnet sich aber das Elterngeld, das nicht einmal im Ansatz die Fixkosten deckt. „Das ist alleine nicht zu schaffen.“ stellt Röh fest. „Ich bin zur Zeit auf Unterstützung angewiesen – durch meinen Mann und eine Stiftung, die ich dafür gewinnen konnte.“
In Deutschland müssen sich Frauen in dieser Branche meistens zwischen ihrem Betrieb und einer Schwangerschaft entscheiden. In Ländern wie Österreich und Dänemark ist das besser gelöst. Um an den Regelungen in anderen EU-Staaten anschließen zu können, ist Kellner besonders an guten Beispielen interessiert. „Die Problematik zieht sich durch alle Branchen durch.“ bemerkt Maxime Krämer, und weißt auf die vielen Berichte hin, die uns aufgrund der Petition erreicht haben. „Und beim Thema Elterngeld betrifft es auch junge Väter. Durch das geringe Einkommen am Anfang der Selbständigkeit kann man sich die Elternzeit schlichtweg nicht leisten.“ So kommt es bei vielen Familien in Deutschland zu der schmerzhaften Entscheidung zwischen Selbständigkeit und Kinderwunsch.

Mit dabei war auch die Juristin Angela Heinssen, Mitglied im Verein Recht-Grün, die sich seit Jahren mit der Gesetzeslage rund um das Thema Vereinbarkeit von Selbständigkeit und Familie befasst. Dabei beschäftigt sie insbesondere die EU-Richtlinie (EU) 2010/41, die die Mitgliedstaaten zur Gleichbehandlung selbständiger Frauen im Mutterschutz verpflichtet. „In Deutschland wurde diese jedoch nie richtig umgesetzt, was sowohl für die Frauen als auch für deren Betriebe zu katastrophalen Folgen führen kann.“, und weist auf Beschäftigte und Auszubildende hin, denen der Verlust des Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzes droht. 

Was aber genau wäre die Lösung?  
Für eine einfache Antwort ist das Thema eindeutig zu vielschichtig. Es braucht Änderungen von Gesetzen, die auch in den Bereich von Familienministerium und Gesundheitsministerium fallen. Außerdem muss eine Regelung gefunden werden, die die Betriebe vor der Insolvenz schützt, und auch verhindert, dass eine Schwangerschaft in der Zeit der Existenzgründung einen Karriereknick nach sich zieht. Dazu ist das genossenschaftliche Modell in der Landwirtschaft ein gutes Vorbild. Schwangeren werden Unterstützer*innen für Haushalt und Betrieb zur Seite gestellt. Allerdings sind Handwerksbetriebe mitunter sehr spezialisiert, und es müsste die Meisterin ersetzt werden, was teilweise nicht möglich ist.

Es braucht deshalb unbedingt die Option einer finanziellen Unterstützung. Dabei müssen Kredite und andere Fixkosten berücksichtigt werden. Eine Anpassung des Mutterschutz-Gesetzes ist deshalb der wichtigste erste Schritt zu einer Verbesserung der Umstände.

Schwangerschaft darf nicht mehr wie eine Krankheit behandelt werden. Selbstständigen Frauen muss deshalb auch ohne zusätzliche Versicherungskosten Anspruch auf auskömmliches Mutterschutz- und Elterngeld sowie ein Ausgleich in Ausfallzeiten eingeräumt werden.Maximw Krämer – Tischlermeisterin, Geschäftsführerein MK-Möbel in Heidelberg und Mitinitiatorin der Kampagne Meine-Werkstatt-bleibt.

Unterstützen Sie jetzt unsere 2. Petition, die sich an den Deutschen Bundestag richtet:
https://www.openpetition.de/petition/online/gleiche-rechte-im-mutterschutz-fuer-selbststaendige-schwangere

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