Längere Lebenszyklen, stärkere Wertschätzung der bestehenden Dinge…
Oskar Wilde hat einmal gesagt: „Heute kennt man von allem den Preis, von nichts aber den Wert!“
Der Kern dieser Aussagen erinnert viele von uns vielleicht an die Mahnungen unserer Großeltern, sorgsam mit den Dingen des täglichen Lebens umzugehen. Der Zeitgeist hält große Stücke darauf – und doch: wenn heute ein Loch im Eimer ist, schickt der Heinrich die Liese eher in den Baumarkt, als zum Stroh schneiden. Das Dilemma in der Produktion, das folgt wenn man sich nicht früh genug um den Erhalt der Dinge kümmert, zeigt sich aber auch heute wieder am Eimer: Seit April gibt es vermehrt Baustellen, die still stehen, weil es tatsächlich an einfachen Farbeimern mangelt. Ein Problem, dass man in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft mit Leichtigkeit umgehen könnte.
Das Thema Reparaturkultur haben wir an diesem Abend gleich aus drei verschiedenen Blickwinkeln beleuchten können: Nämlich aus dem der Wissenschaft, der Praxis und der Politik.
Christine Ax, Philosophin, Ökonomin und Buchautorin arbeitet seit Jahrzehnten an dem Thema Nachhaltigkeit und Reparatur. Sie erzählte von dem doch schon langen Weg, der bereits gegangen wurde und von den vielen Menschen und Organisationen, die daran beteiligt sind und waren (wie etwa die Handwerkskammer Hamburg mit dem Projekt „Zukunftswerkstatt Hamburg“). Eine zentrale Rolle spielte bei einer ressourcenschonenden Lebensweise dabei schon immer das Handwerk – weg von der Massenproduktion hin zu einer Maßproduktion.
Heinrich Jung beschäftigt sich – im Gegensatz zu seinem Namensvetter aus dem Volkslied – in erster Linie seit Jahrzehnten ganz praktisch mit Reparaturen. Bereits 1983 gründete er seinen Betrieb „Blitzblume Ingelheim“. Der Schwerpunkt lag von Beginn an auf der Reparatur von Elektrogeräten und hier speziell auf der Reparatur von Waschmaschinen. Heinrich ist der lebende Beweis dafür, dass sich Reparatur auch betriebswirtschaftlich sehr wohl lohnen kann. Wieviel Schrott er beispielsweise mit einer Hand voll Maikäfergroßer „Offline Switcher“ vermeiden kann, konnte er uns anhand einer Aktion verdeutlichen, die er vor Jahren auf einer Messe durchführte. Damals drapierte er die Grundfläche von 50 Waschmaschinen nebeneinander, die wegen dieser Bauteile nicht mehr funktionsfähig waren – dazu hing er eine Girlande mit eben diesen Bauteilen. Ein kleine Girlande, die soviel Geld und Müll einspart.
Tabea Rößner (MdB), konnte uns aus dem Bundestag berichten. Gebrauchte Laptops an Schüler*innen zu vermitteln war beispielsweise einmal eine ehrenamtliche Aktion, die durch die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen angeschoben wurde. Durch nachhaltigen Konsum den immensen Berg aus Elektroschrott zu reduzieren und dabei auch die immer knapper werdenden Ressourcen zu schonen, ist ihr selbst eine absolute Herzensangelegenheit.
Hier braucht es nach meiner aller, politische Regelungen, die den Bedarf der Menschen an langlebigen Produkten erschwinglich und auch für die Produzierenden rentabel macht. Das Recht auf Reparatur ist ein Projekt, das aufgrund des Wunsches der Verbraucher*innen gestartet ist, und jetzt auch im Bundeswahlprogramm verankert wurde.
Im Anschluss hab es eine leidenschaftliche Debatte zum Thema Erhöhung der Gewährleistungsfristen – ein Anliegen der Bundestagsfraktion, das sowohl Christine Ax als auch Heinrich Jung sehr kritisch betrachteten weil sich einerseits eine Reparatur von Seiten der Hersteller oft nicht lohnt, andererseits aber gerade die Betriebe darunter leiden, die sich eben auf die Reparatukultur spezialisiert haben.